Grundidee
In Anlehnung an den Artikel „Spielfeld teilen – Räume schaffen!“ aus der Zeitschrift handballtraining (9+10/2018) von Steffen Thiede probiere ich eigene Auslösehandlungen für Jugendmannschaften zu umzusetzen und gleichzeitig die individuelle Förderung voranzutreiben.
Mit Räumen spielen lernen
Grundlage der folgende Spielkonzepte ist das Verständnis der Angreifer dafür, wie sie sich im Raum bewegen müssen, um ein bestimmtes Verhalten der Abwehrspieler zu provozieren. Das Spielfeld wird gedanklich in zwei Längshälften geteilt. In der Grundstellung einer 3:2:1, 3:3 Deckung oder 6:0-Deckung befinden sich in jeder Hälfte im Schnitt drei Spieler. Ziel der Angriffshandlungen ist es, durch einen Übergang oder eine Verlagerung, kurzzeitig auf einer Seite eine 4:3 Situation erzeugt werden. Sollte die Abwehr zu einer 4:4 Situation ausgleichen, entsteht auf der anderen Seite eine 2:2 Situation auf großem Rau. Beide Situationen sollten für die Angreifer lösbar sein. Es entsteht das Prinzip des erst 4:3 dann 2:2.
Entwicklung der Spieler im Mittelpunkt
Die Auslösehandlungen wurden gezielt so ausgewählt, dass jeweils eine 2:2 mit einer Außenspieler oder Kreisläufer entsteht. Diese müssen dann individuell in der Kleingruppe gelöst werden. Hierfür ist eine gute Ausbildung der Spieler nötig.
Weitere Varianten möglich
Auch wenn die Ausbildung der Jugendspieler im Mittelpunkt steht, ist es möglich die Auslösehandlungen weiter zu verfeinern und ggf. an taktische Herausforderungen anzupassen.
C-Jugend
In der C.Jugend sollte der Fokus auf dem Spielen in der Kleingruppe gelegt werden. Zwar wird auch hier mit Auslösehandlungen gespielt. Diese sind jedoch bewusst relativ kurz gehalten und zielen darauf ab, dass Spiel in die Tiefe zu öffnen (Sperren und Einläufer). Gleichzeitig darf das Technische nicht vergessen werden, so sollte das Techniktraining und die Entscheidungsfindung Priorität von einstudierten Varianten erhalten. Beide Auslösehandlungen wurden so ausgewählt, dass das Prinzip des 4:3 und dann 2:2 bestehen bleibt.
Der Außenkreisel ist besonders effektiv gegen Deckungen mit offensiven Halbverteidigern.
Nachdem RL den Ball von RM erhalten, umläuft LA RL und erhält den Ball. LA passt zurück zu RM, welcher auf bereits auf die Ballseite verlagert hat (dadurch wird die 4:3 bzw. 4:4 Situation auf der linken Angriffseite erzeugt). Gleichzeitig macht RL eine Lauftäuschung in Richtung Auslinie um: 1. Den Laufweg nach für LA freizumachen, 2. Den Außen und Halbverteidiger abzulenken 3. Mehr Platz in Richtung Mitte zu schaffen und 4. mehr Geschwindigkeit aufnehmen zu können. Mit hohem Tempo erhält nun RL den Ball von RM und umspielt unterstützt durch eine Sperre des KL seinen Gegenspieler. RM läuft parallel mit. RL hat nun die Entscheidung, wie er weiterspielt, entweder er löst die Situation in der Überzahl, oder er passt auf die rechte Seite für eine Lösung im 2:2.
Abschlussmöglichkeiten:
Eigener Abschluss durch Durchbruch oder Wurf.
Kreisanspiel oder Kreisanspiel von RM
Parallelpass auf RM mit folgendem Parallelstoß
Varianten:
Die Varianten bieten sich an, wenn der Standardablauf von der Abwehr bereits antizipiert wird und neue Möglichkeiten für den Abschluss gesucht werden müssen.
Die Sperre wird am VM für RM gestellt. (Video 1 (Parallelstoß) , Video2(Durchbruch RM), Video 3(Kreisanspiel)
LA täuscht das Rücklaufen nur kurz an und geht stattdessen an den Kreis über. Hier wird die 2:2 Situation erst mit einem Rückstoßen auf die linke Angriffseite erreicht. (Video1 und Video 2)
Der KL täuscht die Sperre nur an und hinterläuft stattdessen den Halbverteidiger und bekommt den Ball. (Video 1)Der Ball kann vom Kreisläufer auch auf den Außen abgelegt werden. (Video 2)
Grundablauf:
Im Grundablauf läuft in dem Moment ein, in dem RM und RL kreuzen, dabei ist beim Timing darauf zu achten, dass RA in dem Moment in der Hallenmitte ist in dem RL den Ball erhält, so dass er theoretisch direkt von RL anspielbar ist. Durch das Einlaufen wird kurzzeitig eine 4:3 Situation auf der linken Angriffseite erzeugt. Die in der Regel durch ein Mitlaufen des HM oder Außenverteidigers gelöst wird. Dadurch entsteht eine 2:2 Situation auf der rechten Angriffseite, die im 2:2 in der Tiefe gelöst werden kann.
Entscheidungsverhalten:
Abschluss von RL über die Mitte (Wurf oder Durchbruch)
Pass an den einlaufenden RA durch RL
Parallelstoß mit individueller Lösung im 2:2 mit RR und KL (RR läuft zur Mitte an oder RR läuft nach Außen an).
Varianten:
LA stellt eine Sperre an VM für RL, (mit Parallelstoß)
Ein zweites Kreuzen zwischen RL und RR und Spiel im 3:3 Angriff
B-Jugend
In der B-Jugend dürfen nun auch defensive Deckungsvarianten gespielt werden. Durch das Einführen zweier neuer Auslösehandlungen sollen die Jugendlichen lernen, von vornherein auf das Deckungssystem des Gegenspielers angemessen reagieren zu können. Auch gewinnt der Rückraumwurf aus Sprung- und Schlagwurf an Bedeutung. Auch wenn die Räume enger werden, soll das Prinzip des erst 4:3 ,dann 2:2 beibehalten werden.
Grundablauf:
Beim Kreisel wird kein Übergang vom Rückraum an den Kreis erzeugt, sondern der Kreis löst in den Rückraum auf und erhält von RM den Ball und kreuzt mit ihm. Anschließend geht der KL, nach dem er den Ball an RL gepasst hat, wieder an den Kreis über. Er nimmt die Position zwischen HR und IR ein. Gleichzeitig vollführen RM und RL einen Positionswechsel ohne Ball. RL passt nach einem breiten und leichten Anstoßen auf den über Mitte kommenden RR, welcher direkt mit RL kreuzt. Dabei blockiert RR IR um ihm an heraustreten auf RL zu stören. RL kann durch den Wurfschirm geschützt in einer zentralen Position an 9m abschließen (4:3) oder sollte IL heraustreten (4:4) den Parallelstoß zu RM auf RR einleiten (2:2).
Abschluss- und Weiterspielmöglichkeiten:
RL schließt durch Rückraumwurf ab.
Parallelpass zu RM auf RR. (mit PRellmove)
Prellmove mit Kreuzbewegungen (Video 1; Video 2; Video3)
Varianten:
RA löst kurzzeitig an den Kreis auf. Hier kann der Anlauf des ehemaligen RM angepasst werden. (Video1, Video 2, Video 3, Video 4)
A-Jugend
In der A-Jugend kann man drei Möglichkeiten vorgehen. Die erste wäre, dass man die nun die Varianten einstudiert, welche nicht mehr unbedingt auf dem erst 4:3, dann 2:2 Prinzip beruhen. Die zweite Möglichkeit wäre, dass man die bereits bekannten Auslösehandlungen aus der B- und C-Jugend jeweils nun auf die defensive bzw. offensive Deckungsvariante umbaut. Die dritte Möglichkeit besteht darin den Fokus noch mehr auf das Lösen der Situation in der Kleingruppe zu konzentrieren. Für welchem Variante man sich entscheidet hängt im Endeffekt auch von der Trainingsbeteiligung und der Trainingsanzahl ab.
Sondersituationen
Nicht nur im Fußball auch im Handball kann man einstudierte Situationen auf vermeintlichen Sondersituationen wie Freiwürfen und Überzahlsituationen gut einstudieren. Auch hier sollte im Jugendbereich die Technik (z.B. der Tempowechsel mit Prellmove) im Vordergrund stehen.
Überzahl
Die folgende Überzahlsituation bietet sich vor allem gegen defensiv agierende Deckungen an. RM und RL verlagern das Spiel bewusst langsam auf die linke Seite. Bis RM mit einer explosiven Bewegung und unterstüzt durch die Sperre des KL den Innenverteidiger umspielt. Im Nachfolgenden muss er entscheiden ob ein Durchbruch, ein Kreisanspiel, ein Parallelpass oder ein langer Pass auf RA die optimale Lösung ist. Wichtig ist hier vor allem der explosive Tempowechsel des RM und das deutliche Verlagern auf die linke Angriffseite. Auch hier ist das erst 4:3, dann 2:2 Prinzip in abgewandelter Form gut erkennbar.
Freiwurf
Übergang RR ("Heiselsheim")
Nach Foul auf RL nimmt der KL den Ball. LA umläuft den KL und erhlält den Ball. RL läuft auf RM, RM auf RR und RR löst zwischen 5 und 6 an den Kreis auf. Der Ball läuft über RL zu RM, welcher auf wenig Platz eine 2:1 Überzahl ausspielen kann.
Arbeiten aus dem Prellmove
Grundablauf:
Nach Foul auf der Mitte (oder einer anderen Rückraumposition) nimmt sich der KL den Ball. Er passt zu RM, welcher leicht gegen die Hand verlagert und ggf. prellt um die Abwehr zu provozieren. der KL drückt sich zwischen die beiden Verteidiger und stellt eine indirekte Sperre. In dem Moment, in dem der ballnahe Verteidiger heraustritt, explodiert RM zur Hand und der KL wechselt die Seite zur Sperre für RM. Rm hat nun die Optionen, seinen sich absetzenden KL (Video 1) zu bedienen, selbst abzuschließen (Video 2) oder einen Parallelpass zu spielen.
Varianten:
Mit anschließendem Kreuzen mit RR
Mit Bewegung gegen die Hand bzw. mit anschließendem Parallelstoß.